Kurzer Geschichtlicher Überblick | ||
Laut der Schriftsteller der Antike war die Chalkidiki und besonders ihr westlicher Teil der Austragungsort der Schlacht der Giganten gegen die olympischen Götter. In der «Flegraion Ebene» oder Ebene von Flegra (alter Name der Halbinsel Pallini), gegenüber des Olymps, wurde der harte Kampf ausgetragen, wie die griechische Mythologie berichtet. Als Gegner standen sich auf der einen Seite die olympischen Götter unter Anführung des Zeus und auf der anderen die fürchterlichen Giganten gegenüber. Gäa hatte die Giganten geboren nachdem auf sie Blutstropfen des amputierten Uranos gefallen waren, der damals Herr des Weltalls war. Zeus hatte einen harten Kampf auszutragen ehe er endlich Herr des Olymps wurde. Eine der grössten Schlachten mit den Giganten, den mutmasslichen Herrschern der Welt, bekannt als «Gigantenschlacht», wurde auf der Chalkidiki ausgefochten und war wohl die härteste Prüfung für den späteren «Vater der Götter und Menschen». Alle Götter, Athene, Hera, Apollon, Hephästos, Artemis, Poseidon, Aphrodite, Ekati und die Moiren, traten in der «Flegra Ebene» gegen die furchtbaren und starken Giganten an, deren Mutter Gäa ihre Kinder singend anfeuerte die olympischen Götter zu stürzen. Im Heer der Giganten kämpften u.a. Porfyrios, Alkion, Engelados, Efialtis, Efrytos, Klytios Polybotis, Pallas, Hippolytos, Gratios, Argios und Thoos. Die vergifteten Pfeile des Herakles, der den unsterblichen Göttern zur Hilfe eilte, sowie die weibliche Schönheit Heras und Aphrodites waren nötig, um die Giganten zu besiegen und die Stellung und Macht der Götter zu festigen. In der Schlacht gewannen endlich die Gottheiten die Oberhand, die mit den Naturgewalten, gegen das Üble und für den Frieden und die Ruhe der Welt kämpften. Sicher wurde die' Chalkidiki nicht ohne Grund als Austragungsort der Schlacht gewählt. Die Landschaft ist wirklich sehr abwechslungsreich, unterwirft sich aber trotzdem den göttlichen Gesetzen der Ruhe und des Friedens. Nicht zu vergessen ist auch, dass auf der Halbinsel Pallini (Kassandra) in der Antike der Herrscher der griechischen Götterwelt Ammon Zeus verehrt wurde. Das bestätigte auch die archäologische Forschung und Ausgrabung im Dorf Kallithea der Kassandra mit dem Fund des antiken Tempels aus der 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts oder Ende des 5. Jahrhunderts v. Chr., der Ammon Zeus geweiht war. Selbst in der griechischen Geschichte ist die Chalkidiki ein eigenartiges Gebiet Makedoniens. Da sie östlich, südlich und westlich vom Meer umspült wird und vom übrigen Makedonien durch das Gebirgsmassiv des Chortiatis (oder Kissos) und Cholomon (oder Ypsinos) getrennt ist, lag sie abseits der Hauptdurchzugsachse. Während im übrigen Makedonien ab 2.300 v. Chr. griechische Stämme auftauchen, findet ein fortwährender Zug in den Süden statt und nicht eine örtliche Ausbreitung. Die antiken Griechen gaben den Bewohnern der Chalkidiki und Zentralmakedoniens den Namen «Thracen» und unterschieden sie so nicht von der Bevölkerung die östlich und nördlich des Nestos Flusses lebte. Trotzdem ist bekannt, dass bis zum 5. Jahrhundert v. Chr. verschiedene vorhellenistische Stämme auf der Chalkidiki und besonders auf der Halbinsel Athos lebten. Die Halbinsel Chalkidiki, die man nördlich Mygdonia und südlich Bottiki nannte, wurde von den ersten Siedlern aus dem Süden systematisch um die Mitte des 8. Jahrhunderts v. Chr. kolonisiert. Grund für die Umsiedlung der Südgriechen in die abgelegene Chalkidiki und die Gründung vieler Städte mit zahlreichen Einwohnern war wohl der Handel. Das Gebiet bot die Gelegenheit zum Bau sicherer Häfen und gab mit seinem reichlichen, wertvollen Holzvorkommen das nötige Material für den Schiffsbau. Sicher schätzte man auch die Produktivität des Bodens, sowie die Handelsabschlüsse mit den Königen Makedoniens und die wertvollen Bodenschätze der Region (Blei, Silber und wahrscheinlich auch Kupfer und Eisen). Die ersten Siedler kamen hauptsächlich aus der euboeischen Stadt Chalkis (von der auch die Chalkidiki ihren Namen erhielt) und aus Eretria. Damals wurden die folgenden Städte gegründet: Mende, Afitos, Neapolis, Aigä oder Aigi, Therambos, Sane, Assa, Pyloros, Siggos, Sarte, Torone, Galipsos, Sermyle und Mekyverna. Später folgten dem Beispiel der Chalkider und Eretrier andere Städte Südgriechenlands. Siedler aus Korinth gründeten die Städte Potidala und Ainea, Siedler aus Andros gründeten Akanthos, Stagira und Argilos, Olynthos und Skione wurde gemeinsam von Athenern und Chalkidern gegründet, und viele andere mehr. Um das 4. und 3. Jahrhundert v. Chr. gründeten makedonische Könige u.a. die Städte Kassandria, Antigonia und Ouranoupolis. Der Bau dieser neuen Städte fand nach der Zerstörung oder Zusammenlegung alter Städte des Gebietes statt. Die bedeutenste Stadt der Chalkidiki war Olynthos im Inneren der Toroneos Bucht, zwischen den Halbinseln Pallini (Kassandra) und Sithonia. Die Namensendung --nthos bedeutet, dass an gleicher Stelle eine kleine Siedlung aus vorhistorischer Zeit bestand. Olynthos wurde während der persischen Feldzüge 479 v. Chr. von Artabazos erobert und nach dem Abzug der Perser von Chalkidern besiedelt. Während dieser Zeit wurde die Stadt von Grund auf nach einem gut durchdachten Stadtplan, dem sogenannten «Hippodamio» System, neu erbaut. Gemäss dieses Systems des grossen Architekten des 5. Jahrhunderts Hippodamos, nach dessen Plänen auch Piräus, Thourii und Rhodos erbaut wurden, durchliefen die Stadt Olynthos breite Boulevards, die von schmaleren Strassen rechtwinklig gekreuzt wurden. Nach diesem Schema, dass das modernste seiner Zeit war, entstanden deutliche und festgelegte Bauquadrate, die aus zwei Blöcken mit jeweils 5 Wohnungen bestanden. Die Wohnungen waren von vornherein geplant und sehr funktionell und bequem, erstaunlich und bewundernswert für die damalige Zeit. Tönerne Badewannen, Waschbecken und Toiletten mit Kanalisation sind sichere Dokumente, dass die Stadt vor ihrem Bau systematisch durchdacht und geplant war. Olynthos wurde um 432 v. Chr. neu erbaut. Zwischen 1928 und 1931 fanden dort systematische Ausgrabungen statt, die ausser dem antiken Stadtplan auch reichlich andere Funde brachten. Gefässe, Haushaltsgeräte, rotfarbige Krüge, Tonidole sowie ungewöhnlich kunstvolle Mosaikfussböden kamen bei den archäologischen Grabungen ans Tageslicht. Die Mosaikfussböden gehören zu den ältesten ihrer Art in Griechenland. Ebenso bedeutungsvoll ist es, dass Pella, die Hauptstadt des makedonischen Königreiches, fast ein Jahrhundert nach Olynthos, ungefähr in den letzten Jahren des 4. Jahrhunderts v. Chr., nach dem «Hippodamio» System neu erbaut wurde. Während der Persischen Kriege (431-404) wurde auf Anraten des Makedonenkönigs Perdikas auf der Chalkidiki ein Städtebund, mit der Hauptstadt Olynthos, gegründet, um so vom attischen Zentrum unabhängig zu werden. Der Peleponnesische Krieg begann eigentlich 432 v. Chr.- mit der Belagerung von Potidäa durch die Athener, als die Stadt aus dem attischen Bund austrat. In den folgenden Jahren kam Olynthos zu höchster Blüte, als es die Führung der Vereinigung er wichtigsten 32 Städte der Chalkidiki, die 392 v. Chr. gegründet worden war, übernahm. Es handelte sich um die sogenannte «Vereinigung der Chalkidiker von Thrace». Historisch bedeutend sind für die Chalkidiki die persischen Feldzüge gegen Griechenland. Unter der Führung von Mardonios, dem Schwiegersohn Darius, wollten die Perser 492 v. Chr. die Macht über Makedonien und Thracien ergreifen, um die Athener und Eretrier zu strafen, die sich auf die Seite der Ionier gestellt hatten. Mardonios Flotte wurde in einem furchtbaren Sturm am Athoskap vollkommen zerschlagen. Der Verlust belief sich auf 300 Schiffe und ungefähr 30.000 Mann. Nach diesem Verlust musste Mardonios sich zurückziehen und der 1. Persische Feldzug gegen Griechenland nahm so ein ruhmloses Ende. Den Untergang Mardonios vor Augen, liess der Perserkönig Xerxes, als er 480 v. Chr. mit seinem riesigen Heer vor dem Athos stand, einem Kanal an der engsten Stelle der Halbinsel graben (an der Stelle der heutigen Ortschaft Nea Roda), um so der Umschiffung des Athos zu entgehen. Er zwang sogar die Städte der Chalkidiki sein Unternehmen finanziell zu unterstützen, ihn als Herrscher anzuerkennen und Männer und Schiffe zur Verfügung zu stellen. Herodot veranschlagte das Heer auf 1.700.000 Soldaten und 80.000 Reiter. Als die Perser in der Seeschlacht von Salamis von den Griechen geschlagen wurden, erhoben sich die Chalkidiker gegen die Perser und warfen das Joch der Fremdherrschaft ab. Xerxes General Artabazos belagert ohne Erfolg Potidäa, griff dann Olynthos an, nahm die Stadt ein und ermordete ihre Einwohner (479 v. Chr.). Nach den Persischen Kriegen und dem Rückzug der Perser von den griechischen Küsten der Ägäis, trat nach Gefahr und Unsicherheit Ruhe und Frieden ein, was auch durch die häufigen Verbindungen aller griechischen Städte mit den loniern bestätigt wird. Makedonien und Chalkidiki wurden dadurch besonders auf künstlerischem Gebiet und im allgemeinen Handwerk positiv beeinflusst. In die Stadtkolonien der Chalkidiki kommen nun viel leichter die Botschaften der Mutterstädte Euböas, Athens, Korinths, den Kykladen und loniens. Funde dieser Zeit beweisen, dass sich Künstler niederliessen, die ihre wertvollen Kenntnisse den neuen Städten der Chalkidiki vermittelten, besonders auf dem Gebiet des Töpferns und der Bearbeitung von Marmor. Nach kurzer Zeit entstand ein bodengebundenes Handwerk das die künstlerische Handschrift von Athen, den Kykladen und lonien trug. Nach den Persischen Kriegen traten die chalkidischen Städte dem Attischen Bündnis bei (480-432 v.Chr.). Gleichzeitig wurde das Reich der makedonischen Könige, westlich der Chalkidiki, stärker. Der Makedonenkönig Perdikas nahm von 432 v. Chr. bis zu seinem Tod 313 v. Chr. regen Anteil an den Geschehnissen der Chalkidiki, sowie dem Wettstreit der beiden grossen Kräfte der Athener und Lakedaemoner. Als die Athener einen Bruder Perdikas, Philipp, als Anwärter auf den makedonischen Thron unterstützten, trat der Makedonenkönig dem Lager der Lakedaemoner bei, die er in einem Aufstand der chalkidischen Städte gegen die Athener unterstützte. Um die Unabhängigkeit der Städte der Chalkidiki zu fördern, übergab er für die gesamte Kriegsdauer einen Teil seines Königreiches, Mygdonike, den Einwohnern der Chalkidiki. Später musste sich Perdikas dem Bund der Athener anschliessen (341 v. Chr.) und beim Kampf gegen die befestigte Stadt Potidaia helfen. Während des Peleponnesischen Krieges war die Chalkidiki Austragungsort von Wettkampf und Zusammenstössen der sich gegenüberstehenden Parteien. Der Krieg begann, wie schon vorher erwähnt, in Potidaia, als es aus dem attischen Bund austrat. In der Folge verschlechterte sich die Lage, als General Vrasidas nach der Eroberung von Amfipolis, die Stadt belagerte. Die Athener hatten sich (432 v. Chr.) auf die Städte der Halbinsel Pallini beschränkt, ohne die Städte Skione und Mende, die den Spartanern beigetreten waren. Nach dem Peleponnesischen Krieg kommt die Chalkidiki mit der Gründung einer ebenbürtigen Gemeinschaft und starkem Städtebund zu besonderer Blüte. Zur Regierungszeit des Makedonenkönigs Amyndas erlitt der Bund einen harten Schlag, als die Städte Apollonia und Akanthos sich weigerten ihm beizutreten. Von den Spartanern wurde der «Chalkidische Bund» 379 v. Chr. gewaltsam aufgelöst. Olynthos hielt jedoch weiterhin die Herrschaft über 20 bis 30 Städte. Der Makedonenkönig Perdikas lll., der 368/7 v. Chr. den Thron bestieg, unterstützte die Biotianer, indem er ihnen reichlich Holz zumSchiffsbau zur Verfügung stellte und diese so die Athener angreifen konnten. Auf diese Weise konnte er seinen Bruder Philipp, der seit 368 (bis 362 v. Chr.) in Theben gefangen war, befreien. In der Folge nahmen die Athener Potidaia, Pydna und Methoni ein und blockierten die Thermaikos Bucht und zwangen so Perdikas zur Kapitulation. Die Athener erreichten aber auch mit der Hilfe des makedonischen Heeres die Städte der Chalkidiki wieder zu unterwerfen (364/3 v. Chr.). Nachdem König Philipp 11. (358-336 v. Chr.) den Thron Makedoniens bestiegen hatte, trat eine grosse Änderung im nordgriechischen Raum ein. Philipp, einer der grössten Feldherren und Politiker des antiken Griechenlands, arbeitete koordiniert um einerseits die Gefahren, die von Aussen das makedonische Königreich bedrohten zu bannen, als auch an der Erweiterung der Grenzen, in dem er die Ruhmsucht der Athener, Thebaner, Spartaner und Olynther der Chalkidiki befriedigte. So gelang es ihm nach kurzer Zeit des Abwartens und der Anpassung, dass die Vorherrschaft Athens im griechischen Raum angezweifelt wurde. Nachdem er sich mit der Festigung der Nordgrenzen seinen Rücken gedeckt hatte, vernichtete er die Zentren der attischen Herrschaft in den meernahen makedonischen Städten. Amfipolis, Pydna, Krinides (später Philippi), Apollonia, Galepsos, Isymi (oder Imathia), Methone, Abdira, Maronia und Neapolis traten dem starken makedonischen Königreich bei. Anschliessend, als alles arrangiert und gesichert war, wand sich Philipp gegen den Städtebund der Chalkidiki und insbesondere gegen Olynthos (349-348 v. Chr.). Athen und der Redner Demosthenes mit seinen «Olynthischen Reden» konnten der ihr verbündeten Stadt nicht helfen. Olynthos wurde 348 v. Chr. von Philipp erobert, seine Mauern zerstört und der Grundbesitz an Generäle des makedonischen Heeres verteilt. Mit der Zerstörung Olynthos wurden alle Städte der Chalkidiki dem starken makedonischen Königreich einverleibt, der neuen griechischen Macht. Mit den überwältigenden Heldentaten Alexander des Grossen, des Sohn Philipps und Olymplades, kam Makedonien kurze Zeit später zum Höhepunkt seines Ruhmes. Um 315 v. Chr. wird auf der Chalkidiki an der Stelle Potidalas eine neue Stadt gebaut, Kassandria erhielt seinen Namen von seinem Gründer, dem Makedonenkönig Kassandros. Im gleichen Jahr gründet er am Rand der Thermaikos Bucht Thessaloniki, die spätere Hauptstadt Makedoniens. Sein Bruder Alexarchos erbaute im gleichen Jahr auf der östlichen Halbinsel der Chalkidiki die Stadt Ouranoupolis, während Antigonas Gonatas um 280 v. Chr. die Stadt Antigonia, in der Nähe des heutigen Badeortes Nea Kallikratia, erbaute. Die Gründung der vorgenannten Städte erfolgte nach der Zerstörung anderer Städte dieser Gegend oder um die Einwohner mehrerer kleiner Städte, die zerfielen und verödeten, unterzubringen. Es ist bekannt, dass während der griechisch-römischen Kriege, Makedonien bis zuletzt den Angreifern widerstand, als das übrige griechische Festland schon gefallen war. Nachdem der letzte Makedonenkönig Perseus bei Pydna von dem römischen Feldherrn Emilios Paulus (168 v. Chr.) geschlagen worden war und Andriskos (148 v. Chr.) neutralisiert war, fiel Makedonien und die Chalkidiki in die Hände der Römer. In den folgenden Jahrhunderten ist die Chalkidiki aus geografischen Gründen in der Geschichte unbedeutend, was aber nicht heissen soll, dass sie keine Rolle, vor allem bei der Kontrolle der Seefahrt zur Thermaikos Bucht, spielte. Besonders die Städte Kassandria und Akanthos (heute lerissos) entwickeln sich. So war es natürlich, dass alle barbarischen Einfälle den Sturz der Festungen der Chalkidiki zum Ziel hatten, um so den Weg zum Süden und nach Thessaloniki zu öffnen. 269 n. Chr. war der Angriff der Gothen eine schwere Prüfung für die Chalkidiki, während sie im 6. Jahrhundert n. Chr. fast vollständig von den Hunnen geplündert wurde, wobei zusammen mit anderen Städten auch das befestigte Kassandria zerstört wurde. In den folgenden Jahrhunderten ereignet sich auf der Chalkidiki nichts von geschichtlicher Bedeutung. Vom 9. Jahrhundert ab häufen sich die Berichte und Unterlagen geschriebener Texte des Heiligen Berges Athos, dessen Metochia (= klostereigene Landgüter) grosse Flächen der Gegend einnahmen. Die Chalkidiki steht in dieser Zeit in engem Zusammenhang mit der zunehmenden Entwicklung der «Mönchsrepublik des Athos». Der Zusammenhang liegt besonders auf wirtschaftlichem Gebiet, als byzantinische Kaiser den Mönchen des Heiligen Berges Anbaugebiete, Wälder und Salinen abtreten. Zur Zeit der Frankenherrschaft (13. Jahrhundert) litt die Chalkidiki wieder unter Plünderung und Zerstörung. Das gesamte Gebiet litt unter den harten Steuern und der Plünderung, besonders als 1212 das Erzbistum Kassandria dem latinischen Erzbischof von Thessaloniki Varinus (Guarinos) unterstellt wurde. Die Ehefrau und Witwe des Bonifatius Monferatos, Margarita Isaakios Angelou, unterdrückte später das Land und die Katastrophe wurde durch die lombardischen Rebellen Thessalonikis unter Overto Viantrate und Amadeus Bouffa volkkommen. Die Lombarden plünderten die Einwohner der Chalkidiki und ermordeten viele Mönche des Heiligen Berges auf grausame Weise, um so versteckte Schätze und Geld zu finden. Zur Regierungszeit des byzantinischen Kaisers Andronikos II. plünderten Katalanen (1307) auf unmenschliche Weise das Gebiet und verursachten grosse Katastrophen. Gleichzeitig wurden die Küstengebiete von Piraten und Korsaren überfallen, sie zwangen die Bewohner in die bergigen Gegenden der Chalkidiki umzusiedeln, die grössere Sicherheit boten. In den Jahren 1364-1371 kam die Chalkidiki, zusammen mit Zentral- und Südmakedonien, unter die Herrschaft des serbischen Königs Uglesis und dessen Nachfolgers Dousan. Im letzten Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts traten die Serben einen grossen Teil ihres Hoheitsgebietes auf der Chalkidiki an die Türken ab, ausser Kalamaria und der Halbinsel Kassandra. Zwischen 1402 und 1422 konnten die Griechen wieder für kurze Zeit die Macht übernehmen. Als 1423 Thessaloniki sich den Venezianern übergab, um so der türkischen Gefahr zu entgehen, breitete sich für kurze Zeit die venezianische Herrschaft in den zahlreichen Schlüsselgebieten der Chalkidiki aus, wie z.B. Kassandria und lerissos, und schützte so die beiden Hauptdurchzugsgebiete der Chalkidiki von Wasser und in den beiden Richtungen 0st und West (1425). Nach der Besetzung Makedoniens durch die Türken (15. und 16. Jahrhundert) wurde die Chalkidiki Zufluchtsort der Griechen aus anderen, von den Türken besetzten, Gebieten Griechenlands. Viele von ihnen sammelten sich in den bekannten byzantinischen Erzbergwerken der Gegend, den sogenannten «Sidirokaussia», sowie in der Gegen «Madem Lakkou» von Stratoniki. Die Dörfer des Gebietes, die sogenannten «Mademochoria» und die «Chasika» erfuhren eine besondere wirtschaftliche Entfaltung und erfreuten sich einer fast selbständigen Verwaltung, da sie direkt der Justiz des Sultans unterstanden. Diese Ordnung bestand bis 1806, als die «Mademochoria» für kurze Zeit (bis 1819) dem gefürchteten Ismai. Bei von Serres unterstanden. Die Dörfer waren eine Art zusammenarbeitenden Bundes, mit dem Zentrum Arnäa (Liarikovi). Ab Beginn des 19. Jahrhunderts unterstanden die 12 Dörfer dieser eigentümlichen Gemeinschaft (Galatista, Vavdos, Ravna, Stanos, Varvara, Arnäa oder Liarikovi, Novosele, Machalas, Isovoros, Choronda, Revenikia und lerissos) dem Abgeordneten der türkischen Verwaltung «Madem Emin». Ähnlich waren auch die «Chasikochoria» organisiert, die südwestlich der Mademochoria lagen. Es waren ungefähr 15 Dörfer, die ihre Steuern direkt in die kaiserlichen Kassen von Konstantinopel zahlten, aber für ihre örtlichen Angelegenheiten eigene Adlige hatten, die «Vekiliden». Eine andere Gemeinschaft von Dörfern bestand auf der Halbinsel Kassandra, deren Bewohner Verfaltungsmässig dem Türken «Voevoda» in Valta zugehörten. Der Aufstand der Chalkidiki gegen die Türken begann mit der Ankunft des «Filikos» Emmanuel Papas auf dem Heiligen Berg Athos am 23. März 1821. In kürzester Zeit war die ganze Chalkidiki und der Heilige Berg Athos kriegsbereit. Am 17. Mai 1821 erhoben sich die Einwohner von Polygyros, Chalkidiki. Die Bewohner machten den türkischen Verwalter «Voevoda» und 14 Männer der türkischen Garde unschädlich um anschliessend, auf vorsintflutliche Weise bewaffnet, mit wenigen Waffen und Ackergeräten, zwei türkische Korps anzugreifen, die sich sofort übergaben. Der Aufstand verbreitete sich rasch auf die gesamte Chalkidiki und zwang den Verwalter Thessalonikis Jousuf Bei zu sofortigem Handeln. Die Rache war unmenschlich, als der wegen seiner Grausamkeit bekannte Ebulut Pascha mit seinem grossen Heer gegen die Aufständigen zog. Die wenigen fast unbewaffneten Aufständigen der Chalkidiki wurden nach harten Kämpfen geschlagen und durch die schwer bewaffneten Türken zum Rückzug gezwungen (Juni 1821). Wo immer die Türken durchzogen zerstörten und plünderten sie alles. Die Dörfer Vassilika, Karabournou, Mesirneri und Galatista wurden niedergebrannt. Nicht anders erging es Polygyros, das von seinen Einwohnern verlassen wurde. Als der türkische Pascha im Februar 1822 nach Thessaloniki zurückkehrte, hatte er 78 Dörfer und 59 Klostergüter der Chalkidiki dem Erdboden gleich gemacht. Während dieser Periode flüchteten fast 5.000 bis 6.000 Frauen und Kinder mit Fischerbooten auf die Inseln der Agais. Eine grosse Zahl von Bewohnern der Chalkidiki und Mönchen des Athos wurden nach Thessaloniki gebracht und dort ermordet. Man rechnet damit, dass mehr als 10.000 Einwohner der Chalkidiki den Tod fanden, viele wurden auch auf den Sklavenmärkten für 20 Gros (= alte Münzeinheit) pro Kopf verkauft. 1822 überfiel Pascha Mechmet die Chalkidiki mit dem Ergebnis, dass 200 Mönche des Athos, anderer Klöster und Klostergüter ermordet wurden. Ein ähnliches Blutbad fand auf der Chalkidiki während des Krimkrieges (1853-1856) statt, als sich die Chalkidiki unter Tsamis Karatassos wieder gegen die Türken erhob. Nicht anders erging es auch 1879 und auch diesmal mussten die Einwohner wieder Furchtbares von den Eroberern erdulden. Am 7. Oktober 1912, nur zwei Tage nach dem
Ausbruch des 1. Balkankrieges, vertrieben die griechischen Partisanen der Chalkidiki die
türkischen Garnisonen und riefen die Vereinigung mit dem übrigen Griechenland aus. Nach
der Befreiung Thessalonikis (26. Oktober 1912) zog offiziell die griechische Armee unter
Georgios Kolokotronis, einem Enkel des Leiters des griechischen Aufstandes von 1821
Theodor Kolokotronis, in Polygyros ein. |
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